Der Kapitalismus muss doch endlich an seine Grenzen kommen!
Nur drei Tage in der vergangenen Woche
Am Mittwoch: mehr als 1000 Apotheker*innen und Beschäftigte demonstrieren in Wiesbaden, weil insbesondere den Apotheken auf dem Land die Existenzgrundlage entzogen wird. Jedes Jahr machen mehr als 300 Apotheken deutschlandweit zu. Der Verdienst ist in kleineren und Landapotheken oft so gering, dass es keine Nachfolger*innen gibt und Insolvenzen drohen. Die Bürokratie ist in den letzten Jahren exorbitant angestiegen. Weil Pharmakonzerne mit Förderung durch Regierungen ihre Produktion in Drittländer verlagert haben, fehlen viele tausend Arzneimittel. Apotheker*innen bringen aktuell etwa einen Tag pro Woche damit zu, Ersatz zu beschaffen, den Menschen zu erklären und sie zu beruhigen. Wenn die Bundesregierung durch Rabattverträge für eine gnadenlose Abwärtsspirale sorgt, dass Produktionsstätten in Niedriglohnländer verlagert werden und dass die Lieferketten immer anfälliger werden, braucht man sich nicht zu wundern. Dabei wäre es einfach, wenn die Pharmaunternehmen zur Lagerhaltung verpflichtet wäre und dies auch sanktioniert würde, wenn sie es nicht tun. Und wenn die Rabattverträge für nicht patentgestützte Arzneimittel beendet würden. Im Gegensatz dazu dürfen für neue Arzneimittel ein halbes Jahr Mondpreise verlangt werden. Streikende Apotheker*innen in Not, für die DIE LINKE alleine die richtigen Antworten findet!
Am Donnerstag: Anhörung im Hessischen Landtag zum Gesetz zur Unterstützung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Stationäre Einrichtungen sind überfüllt, haben lange Wartelisten, die Akutstationen sind so voll, dass es dort zu vielen Fixierungen kommt. Patient*innen erfahren in der Krise nicht die notwendige Unterstützung, weil sie bald wieder entlassen werden müssen, um einen Platz frei zu machen. Psychisch Erkrankte und ihr Umfeld überlegen die verrücktesten Sachen, um überhaupt in die Klinik zu kommen, z.B. eine Flasche Schnaps trinken und sich auf die Straße legen. Oder eine Straftat in einem psychischen Ausnahmezustand begehen. Die Kliniken können aufgrund der Personalnot teilweise ihre Verpflichtung nicht mehr erfüllen. Und das alles, weil die hessische Landesregierung es nicht hinkriegt eine ambulante Kriseninterventionsstruktur in Hessen aufzubauen. Obwohl das im Koalitionsvertrag steht. Sie planen lediglich ein landesweites Telefon. Und selbst das haben sie noch nicht einmal umgesetzt. Es wäre aber nötig dafür Geld auszugeben, wie es in Bayern geschieht. In Hessen wird das Geld lieber für die forensischen Stationen ausgegeben, hier werden ständig neue gebaut.
Stationäre Einrichtungen, Betreuungsrichter, ambulante Einrichtungen, Angehörige, Betroffene, Pflegekräfte, die sich bedanken, dass die LINKE das Thema auf die Tagesordnung setzt, den Finger in die Wunde legt und gute Vorschläge macht.
Am Freitag: Einladung ins Seniorenzentrum Kostheim von EVIM. Die Diakonie hatte 55 ihrer Pflegeeinrichtungen befragt, wie sie ihre wirtschaftliche Zukunft sehen. Ein Drittel berichtete von drohenden Insolvenzen. Der medizinische Dienst schafft es nicht die Pflegebedürftigen zeitnah einzustufen, die Anträge bei den Sozialleistungsträgern sind oft ein Jahr lang in Arbeit. Solange müssen die Einrichtungen finanziell in Vorlage treten. Es fehlen Mitarbeiter*innen besonders in der Pflege. Oft müssen Zeitarbeitskräfte angefordert werden, diese kosten aber um vieles mehr und sind oft keine Entlastung für die anderen Pflegekräfte. Allerdings muss Der Betreuungsschlüssel erfüllt werden. Am 1.7. sollte eigentlich die nächste Stufe der Reform zünden, die Prof. Rothgang entwickelt. Es gibt aber in keinem Bundesland entsprechende Vorkehrungen. Kosten entstehen für die Einrichtungen durch die gestiegene Energiepreise, eine energetische Sanierung ist aufgrund fehlender Investitionsmittel von Seiten des Landes nicht zu machen. Allerdings ist nicht nur die stationäre Versorgung am Rande des Wahnsinns, den ambulanten Einrichtungen geht es nicht besser, die pflegenden Angehörigen werden alleine gelassen. Gleichzeitig gibt es Senioreneinrichtungen von private equity funds, die denjenigen, die ihr Geld dort anlegen, Renditen von 8 bis 15 Prozent zusprechen. Das ist doch pervers: die Pflege steht mit dem Rücken an der Wand, die Pflegekräfte geben diese kraftzehrende und wenig familienfreundliche Arbeit auf und andere machen den Reibach. Mit einer Bürgerversicherung wäre genug Geld da, auch um die Eigenanteile der Pflegebedürftigen zu senken. Pflege dürfte aber nur von öffentlichen und gemeinnützigen Einrichtungen oder kleinen Unternehmen geleistet werden.
Am Freitagnachmittag: Bei der Tagung der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Landtagsfraktion der LINKEN mit dem Titel „Bezahlbarer Wohnraum ist möglich“ den Workshop zu Wohnraum für alle moderiert. Mit Gerhard Trabert, Wenke Christoph, Doreen Petri und Jule Liebig. Ein Teil der Menschen wird vom Wohnen rigoros ausgegrenzt. Sie geraten in eine Krisensituation, werden arbeitslos oder krank, die Familie trennt sich, Strukturen brechen zusammen, sie landen Schritt für Schritt auf der Straße. Das ist für den Rest der Gesellschaft kein großes Problem. Es wird nicht einmal so wenig Geld ausgegeben, um Übergangswohnheime, Notunterkünfte, Tee- und Wärmestuben zusätzlich mit hohem ehrenamtlichen Engagement auf den Weg zu bringen. Dabei wäre es doch viel sinnvoller dafür zu sorgen, dass niemand mehr seine Wohnung verlieren muss und wenn es passiert, dass die Person mit sozialer Unterstützung wieder in einem neuen Mietverhältnis Fuß fasst. Das würde aber bedeuten, dass man Wohnen nicht perversen Marktmechanismen unterwirft (genauso wenig wie Gesundheit und Pflege), sondern wieder die Gemeinnützigkeit für öffentliche und genossenschaftliche Wohnungsbaugesellschaften einführt. Es wäre so einfach, wenn man nicht aus dem Grundbedürfnis Wohnen Profit herausschlagen müsste.
Drei Tage – vier Beispiele – die zeigen, wie menschliche Grundbedürfnisse einem Turbokapitalismus unterworfen werden. Dabei gibt es Alternativen, sogar im herrschenden System. Wir brauchen beispielsweise nur nach Dänemark und Wien schauen. Meine Konsequenz: es braucht starke Bewegungen und mutige Organisationen, die die Zusammenhänge aufzeigen, es braucht eine starke LINKE, die das außer- und parlamentarisch unterstützt. Dann haben wir eine Chance. In Hessen gibt es viel zu tun. Macht Hessen gerecht.