Reichsbürger wurde von der Hessischen Justiz 2000 Mal als Gutachter beauftragt

Christiane BöhmAntifaschismusInnenpolitikJustiz- und RechtspolitikRegierung und Hessischer Landtag

Anlässlich der Beantwortung einer Kleine Anfrage zum Landesamt für Verfassungsschutz und der Justiz in Hessen erklärt Christiane Böhm, Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag und Landesvorsitzende der hessischen LINKEN:

„Erst durch eine SPIEGEL-Recherche wurde bekannt, dass die hessische Justiz seit vielen Jahren einen Gutachter unter anderem in Betreuungsverfahren einsetzt, der der Reichsbürgerszene angehört. Dieser hat sich bereits vor zehn Jahren mit einem Buch unter dem Titel ‚Die BRD GmbH‘ präsentiert. Insgesamt bringt er es allein in Hessen auf rund 2000 Gutachten.

Die Warnung vor dem Gutachter erfolgte jedoch nicht in Hessen, sondern durch den Hamburger Verfassungsschutz. Erst nach Medienberichten und unserer Kleinen Anfrage zog Hessen nach.“

Dies sei auch insbesondere deshalb bedenklich, weil entsprechende Warnungen des Amtsgerichts Offenbach offensichtlich in Hessen nicht weitergegeben worden seien, so Böhm.

„Es muss dringend geklärt werden, warum Warnungen des Amtsgerichts Offenbach in der Justizverwaltung verpufft sind. Auch braucht das Gutachterunwesen eine Generalrevision. Es führt oft genug zu nicht sachgerechten Gutachten, die von den Betroffenen als nichtzutreffend kritisiert, aber nicht angefochten werden können, da ihnen die finanziellen und organisatorischen Mittel fehlen. Daraus resultieren richterliche Entscheidungen, die sich entscheidend auf das Leben der Betroffenen auswirken und langandauernde Unterbringungen zur Folge haben können.“

DIE LINKE erwartet von Justizminister Roman Poseck (CDU), dass er sich der Gutachterpraxis annimmt und Veränderungen herbeiführt. Es müssen Standards festgelegt und eingehalten werden.

Zudem bleibt einmal mehr die bittere Erkenntnis: Entweder ist der Verfassungsschutz nicht in der Lage, die Neonazi- und Reichsbürgerszene zu beobachten. Oder er ist nicht bereit, Warnungen zu solchen Personen herauszugeben. Es ist zu befürchten, dass ein von einem Reichsbürger
angefertigten Gutachter weder im Sinne eines Rechtsstaates ausfällt, noch die Interessen der Menschen, über die ein Gutachten erstellt wird, unvoreingenommen berücksichtigt. Schließlich geht es hier um besonders vulnerable Personen.“