Reden im Landtag

Christiane Böhm zur Finanzierung der Pflegeschulen

Christiane Böhm
Christiane BöhmGesundheit

In seiner 38. Plenarsitzung am 5. mai 2020 diskutierte der Hessische Landtag über die Finanzierung der Pflegeschulen. Dazu die Rede unserer gesundheitspolitischen Sprecherin Christiane Böhm.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Manchmal habe ich das Gefühl, ich könnte Wahrsagerin werden. Ich gehöre nicht zu den Kolleginnen und Kollegen, die an ein höheres Wesen glauben, wie vielleicht andere, aber es gibt manchmal Zufälle. Lassen Sie mich kurz daran zweifeln.

Am 18. Juni habe ich an diesem Pult bei der Lesung zum Pflegeausbildungsfonds darauf hingewiesen, dass das mit der Schulgeldfreiheit und dem Ausbildungsentgelt begrüßenswert ist, es aber keine Lösung für die Miet- und Investitionskosten der Pflegeschulen gibt. Das wollen Sie also heute nachholen. Das habe ich schon richtig wahrgesagt.

(Beifall DIE LINKE und Torsten Warnecke (SPD))

Im April hat Schwarz-Grün einen Änderungsantrag meiner Fraktion im Ausschuss weggestimmt, der gefordert hat, nicht nur die Schulgeldfreiheit bei den Heilmittelschulen einzuführen, sondern auch die Investitionskosten zu berücksichtigen, die dort anfallen.

Jetzt mache ich meine zweite Vorhersage: Wir wissen, auch dieses Gesetz, das morgen verabschiedet wird, soll evaluiert werden. Ich bin mir sicher, Sie werden nächstes Jahr ganz plötzlich erkennen, dass es auch notwendig ist, hier die Investitionskosten zu erstatten.

(Beifall DIE LINKE)

Ich freue mich, wenn Sie uns Oppositionsarbeit so leicht machen. Aber es wäre für alle Beteiligten, insbesondere für die Schülerinnen und Schüler, aber auch für die Anzuhörenden, viel schöner, wenn Sie deren Argumente gleich von Anfang an ernst nehmen würden und nicht immer erst ein oder zwei Jahre ins Land gehen müssen, bevor Sie die notwendigen Verbesserungen nachreichen. Das führt manchmal auch dazu, dass die eine oder andere Schule schließen muss.

Aber jetzt zur Finanzierung der Pflegeschulen. Ich bin durchaus mit der Intention des Gesetzentwurfs einverstanden, dass wir den Weg für eine umfassende Finanzierung der Pflegeschulen frei machen können. Das heiße ich gut. Ich bin auch froh, dass es eine fundierte statistische Erhebung zur Pflegeausbildung geben soll. Vielleicht bekommen dann auch die Antworten auf meine Kleinen Anfragen an das Sozialministerium etwas mehr Substanz, und ich erfahre auch etwas.

Ich bin auch dafür, dass der berufsbezogene Spracherwerb in der Pflegeausbildung weiter gewährleistet sein soll. Es wäre doch viel erfolgversprechender, statt überall Arbeitskräfte anzuwerben, dass man die Menschen, die schon jetzt in Deutschland leben und vielleicht auch schon vorher eine Ausbildung im medizinischen Bereich gemacht haben, hier fortbilden und ihnen diese Unterstützung geben würde. Das würde ihnen nutzen, auch ihre berufliche Anerkennung zu forcieren, die ewig dauert. Tun Sie endlich etwas, damit die Fachkräfte in der Medizin, die dringend benötigt werden, ihre Arbeit tun können und ihr Einkommen selbst erwirtschaften können.

(Beifall DIE LINKE)

Meine verehrten Damen und Herren, mit der „angemessenen Sprachförderung“ habe ich so meine Probleme. Ihre Stundenpauschale soll bei 2,94 € pro Schülerin und Schüler liegen. Das sind 2,94 € für eine Unterrichtsstunde, also eine Dreiviertelstunde, plus Vor- und Nachbereitungszeit für die Lehrkraft; dazu gehören auch Teamsitzungen und Besprechungen. Das ist eigentlich ein ziemlich schlechter Witz, der mit einem guten Verdienst für gute Arbeit überhaupt nichts zu tun hat.

Die Schulleiterinnen und Schulleiter, mit denen ich gesprochen habe, sagen deutlich: Wenn wir die Lehrkräfte ordentlich bezahlen wollten, müssten es mindestens 6 € pro Stunde sein. Alles andere entwürdigt den hohen Anspruch und den hohen Einsatz, den eine solche Tätigkeit als „Deutsch als Zweitsprache“-Lehrkraft hat. Sie brauchen auch eine ordentliche Ausbildung. Hier müssen Sie also dringend nachbessern, bevor dieses Gesetz verabschiedet wird, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Der Skandal ist auch, dass sich der Gesetzgeber bisher weigert, diese unwürdige Situation zu ändern und eine klare Abgrenzung zwischen Arbeitnehmern und Selbstständigen vorzunehmen, die sich auch auf Lehrkräfte in der Weiterbildung anwenden lässt. Das ist ein Thema, das immer wieder die Gerichte beschäftigt.

Ich hoffe auch, dass die neue Verordnung nicht zu einem Bürokratiemonster verkommt, sodass die Schulen mit mehrfacher Datenübermittlung beschäftigt werden. Das sind meine Bedenken.

Ich möchte aber noch auf einen dritten Punkt hinweisen. Da geht es um die konkrete Ausgestaltung der Investitionsmittel. Bei den angemieteten Räumlichkeiten werden die Nettokaltmieten erstattet, das ist logisch. Damit ignorieren Sie aber, dass in der Regel ein Mieter auch gewisse Instandhaltungskosten hat. Diese Gelder bekommen die Pflegeschulen, die Eigentum an den Schulgebäuden haben. Das ist eine Ungleichbehandlung. Ich denke, das wird in der Anhörung sicher noch eine Rolle spielen.

Verdenken Sie es mir nicht, ich musste wirklich sehr laut lachen bei Ihrer Begründung, in der Sie den Hinweis aufgenommen haben, dass Sie „Sale and lease back“ zulasten des Landes verhindern wollen. Das hat mich wirklich sehr amüsiert. Das sollten Sie dem Finanzministerium mitteilen. Die kochsche Politik hat Hessen mit dieser Methode einen echten Schaden zugefügt. Schön, dass Sie solche Praktiken verhindern wollen. Aber das hätten Sie in eigener Sache schon längst tun können. – Schönen Dank.

(Beifall DIE LINKE)