Reden im Landtag

Christiane Böhm zur Änderung des Hessischen Nichtraucherschutzgesetzes

Christiane BöhmGesundheit

In seiner 79. Plenarsitzung am 06. Juli 2021 debattierte der Hessische Landtag zum Hessischen Nichtraucherschutzgesetz. Dazu die Rede unserer gesundheitspolitischen Sprecherin Christiane Böhm.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren!

"Meine Damen und Herren, ohne Not und wider besseres Wissen wird heute … der Nichtraucherschutz in hessischen Gaststätten faktisch wieder abgeschafft."

So kommentierte Kordula Schulz-Asche am 3. März 2010 in diesem Hause den damals von Schwarz-Gelb vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des Hessischen Nichtraucherschutzgesetzes. Das ist deshalb spannend, weil wir heute die erste Überarbeitung dieses schwarz-gelben Gesetzes diskutieren. Inzwischen haben die GRÜNEN die Oppositionsbänke verlassen, sie stellen sogar den für das Thema zuständigen Minister. Daher kann man doch erwarten, dass nun ein großer Wurf gelingt, um dieses offensichtlich so erschreckend schlechte Gesetz entscheidend zu verbessern. Um es gleich vorwegzunehmen: Sie tun dies im Wesentlichen nicht.

Wir können ja noch einmal vergleichen, was die Oppositions-GRÜNEN 2010 am Gesetz zu bemängeln hatten und was heute davon übrig geblieben ist. Frau Schulz-Asche beklagte damals, dass ein Gesetz vorliege, welches in weiten Teilen nicht durch die Ordnungsbehörden kontrollierbar sei, weil es voller unbestimmter Rechtsbegriffe sei. Beispielhaft erwähnte sie diesbezüglich die „75 m2 Gastraum“, wo vollkommen unklar sei, welche Räumlichkeiten das genau umfasse, oder die Definition von „einfach zubereiteten warmen Speisen“. Weiter kritisierte Frau SchulzAsche die Ausnahmen vom Rauchverbot etwa in Spielbanken.

Jetzt schaue ich in Ihren Gesetzentwurf und darf feststellen: Nichts davon haben Sie angepackt. Das kann man schon als überraschend bezeichnen, Herr Klose. Entweder hat Frau Schulz-Asche vor elf Jahren Unsinn geredet, oder die Position von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich beim Nichtraucherschutz diametral gedreht. Ich weiß nicht, ob ich die vorherige Erklärung dafür nutzen kann, um zu verstehen, was tatsächlich Ihre Position ist, Herr Minister.

Aber was wollen Sie denn nun tatsächlich anpacken? Es sind drei Punkte:

Erstens. Sie erweitern das Gesetz auf neue Rauchprodukte wie E-Zigaretten und Tabakerhitzer. Das dürfte nicht nur unstrittig sein, sondern ist auch überfällig. Daran sieht man übrigens – Sie haben vorhin betont, wie wichtig die Gesetzesbefristungen seien –, wie Ihre „Alle Gesetze werden befristet“-Logik völlig fehlgeht. Sie begründen das immer damit, dass so sichergestellt werde, dass Gesetze regelmäßig an notwendige Veränderungen angepasst würden. Meine Damen und Herren, E-Zigaretten sind in Deutschland seit 2012 zugelassen. Das war in Hessen also seit bald neun Jahren ein ungeregelter Zustand. Sie haben vorhin deutlich geschildert, wie schwerwiegend die Gesundheitsgefahren seien, aber Sie packen die Gesetze erst an, wenn es sich nicht mehr vermeiden lässt, wenn sie auslaufen. Aber solcher Leerlauf ist in Hessen mehr als normal.

Zweitens. Sie wollen die Kinderspielplätze in das Rauchverbot einbeziehen. Das ist ohne Frage sinnvoll – Herr Schad hat dazu schon etwas gesagt. Ich hoffe nur, dass sich in der Anwendung die Kontrolle des Gesetzes dann nicht nur gegen Jugendliche richtet, die wegen fehlender Räume abends auf Spielplätzen abhängen.

Drittens. Sie wollen Raucher-Festzelte abschaffen. Ich habe erst durch diesen Gesetzentwurf erfahren, dass es so etwas gibt und sich beim Oktoberfest großer Aufmerksamkeit erfreut. Aber das findet dieses Jahr nicht statt, und in Hessen schon gar nicht.

Aber ich frage Sie: Sind das wirklich alle Probleme, die es in diesem Bereich zu regeln gilt? Warum halten Sie beispielsweise an der Ausnahmegenehmigung für Spielbanken fest? Das war damals doch ein Lobbygeschenk von Schwarz-Gelb. Warum haben gerade Beschäftigte von Spielbanken auch nach Ihrem Gesetzentwurf weiterhin keinen Anspruch auf Schutz vor Passivrauchen? Warum halten Sie daran fest, dass bei geschlossenen Gesellschaften in Gaststätten weder der Beschäftigtenschutz greift noch der Schutz von Kindern und Jugendlichen? Gerade bei Kindern gilt sowohl eine besonders hohe Gefährdung durch Passivrauchen als auch eine entwicklungsbedingt besonders hohe Schadstoffaufnahme. Auch dies ist bereits erwähnt worden und ist ein wichtiges Thema. Als Faustregel gilt: Sitzt ein Kind eine Stunde lang in einem vollgequalmten Raum, ist das so, als hätte es die Zigarette selbst geraucht. – Dennoch wollen Sie weiterhin, dass in geschlossenen Gesellschaften in Anwesenheit von Kindern und Jugendlichen nach Belieben geraucht werden kann. Dazu fällt mir keine vernünftige Begründung ein, aber vielleicht höre ich sie ja von Ihnen.

Festzuhalten bleibt: Gut, Sie stopfen ein paar kleine Lücken, aber an anderen Stellen sind Sie erstaunlich zurückhaltend und handzahm. Ich denke, das werden die Anzuhörenden bei der Anhörung entsprechend kommentieren. Ich hoffe deshalb, dass im Sinne des Gesundheitsschutzes auch bei diesem Gesetzentwurf noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. – Ich bedanke mich.

(Beifall DIE LINKE)