Reden im Landtag

Christiane Böhm zur Veräußerung eines landeseigenen Grundstückes in Büttelborn

Christiane BöhmHaushalt und FinanzenKommunales

In seiner 113. Plenarsitzung am 21. September 2022 diskutierte der hessische Landtag auf unseren Antrag hin über die Veräußerung eines unbebauten, landeseigenen Grundstücks in Büttelborn. Dazu die Rede unserer Wahlkreisabgeordneten aus Groß-Gerau, Christiane Böhm.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Hartdegen, ich unterstütze Ihre Position, dass Sie sagen, dass sich niemand von den Genannten für den Kreis Groß-Gerau interessiere. Aber warum hat die SPD dann dem Verkauf dieses Grundstücks zugestimmt, wenn Sie jetzt alle Gründe gebracht haben, warum es nicht verkauft werden soll – schon gar nicht an ein Logistikunternehmen?

(Beifall DIE LINKE und Sabine Bächle-Scholz (CDU))

Wenn Sie dieses Rätsel lösen, wäre ich Ihnen sehr dankbar. Es geht nur um 3.218 m2 und nur um 1 Million €, aber es gibt zwei gewichtige Gründe, den Verkauf des Landes heute zu thematisieren. Einmal ganz grundsätzlich: Es ist falsch, wenn die öffentliche Hand Eigentum verkauft. Da ist es völlig egal, ob es sich um fruchtbaren Ackerboden wie in Neu-Eichenberg oder um ein Grundstück in einem Gewerbegebiet handelt.

(Beifall DIE LINKE)

Damit gibt das Land die Möglichkeit aus der Hand, dafür zu sorgen, dass mit dem Grund und Boden sinnvoll im Interesse der Menschen und der Umwelt gearbeitet wird. Nach dem Verkauf gibt es keine Einflussmöglichkeiten, außer der Bebauungsplan sieht noch etwas vor. Das bedeutet: Gelände geht verloren, das im Sinne des Klimaschutzes entwickelt werden kann oder das der Versorgung der Menschen in der Region mit notwendigen Gütern wie Strom, Wohnungen und Lebensmitteln dient. In der Vorlage steht, dass Wohnen nicht möglich und Landwirtschaft wahrscheinlich in diesem Gebiet nicht sinnvoll ist.

(Zustimmung Ministerin Priska Hinz)

Aber ist tatsächlich überprüft worden, ob es etwas Sinnvolleres als das tausendste Logistikunternehmen in unserem Kreis gibt? Das ist bestimmt nicht passiert.

(Beifall DIE LINKE)

Damit komme ich zu dem zweiten Grund; Frau Hartdegen hat es gerade schon gesagt. Fast alle Bürgermeister im Kreis Groß-Gerau, auch der Büttelborner, und die Gemeindevertretung und der Kreis selbst wenden sich ganz deutlich gegen die Ausweisung weiterer Logistikflächen und die Ansiedlung von diesem Unternehmen. Das „Groß-Gerauer Echo“ hat dies als Brandbrief bezeichnet, welcher an das Regierungspräsidium gesandt worden ist. Da wurde deutlich gemacht, welche negativen Konsequenzen weitere Logistik in einer Region hat, die jetzt schon total belastet ist.

(Jan Schalauske (DIE LINKE): Aber weißt du, was, Christiane? Diesen Brief kannte die Landesregierung nicht einmal, als sie das Grundstück zum Verkauf rausgegeben hat! – Glockenzeichen)

Vizepräsident Frank Lortz:

Meine Damen und Herren, ich bitte doch darum. Wenn die eigene Fraktion jetzt die Rednerin unterbricht – –

(Elisabeth Kula (DIE LINKE): Das war eine Ergänzung!)

Ich bitte darum, die Rednerin reden zu lassen und sie von keiner Seite zu unterbrechen, damit wir jetzt weiterkommen.

(Elisabeth Kula (DIE LINKE): Die labern doch auch alle! – Unruhe)

Christiane Böhm (DIE LINKE):

Durch die voranschreitenden Logistikunternehmen, durch das Transportgewerbe wird der Verkehrsfluss verstärkt. Die Straßen werden belastet. Die müssen kurzfristig wieder instand gesetzt werden – das kostet Gelder der öffentlichen Hand – oder sogar erweitert werden, wie die A 67, wie es die Planung jetzt vorsieht.

Das ist auch konkret in Büttelborn ein Problem. Das ist übrigens eine kleine Kommune mit 15.000 Einwohnern. Da gibt es eine Brücke über die Autobahn zu dem Gewerbegebiet, die schon völlig überlastet und viel zu schmal ist. Der Verkehr ist jetzt schon nicht zu bewältigen. Jetzt soll dort noch ein weiteres Logistikunternehmen Platz finden, obwohl sowieso kein Auto mehr über diese Brücke fahren kann? Ich denke, das ist völlig kurzsichtig. Völlig uninformiert ist die Landesregierung da herangegangen und will dieses Gelände verkaufen.

(Beifall DIE LINKE – Holger Bellino (CDU): Wie lange sind fünf Minuten?)

Wir leben im Kreis Groß-Gerau ohnehin in einer hoch belasteten Region. Wir haben den Flughafen. Sie von der Landesregierung wollen noch den sogenannten freigemessenen Atommüll in Büttelborn deponieren. Das sind wesentlich zu viele Belastungen. Die Bevölkerung kann das nnicht mehr ertragen.

(Unruhe – Glockenzeichen)

Sie sind doch immer so interessiert daran, das örtliche Gewerbe zu unterstützen.

(Glockenzeichen)

Der Verkauf an Logistikunternehmen ist auch ein großes Problem für das örtliche Gewerbe.

(Glockenzeichen)

Das hat dann keine Grundstücke mehr, um sich auszuweiten.

(Jan Schalauske (DIE LINKE): Der Ministerpräsident will das nicht hören! – Gegenruf Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt stell doch endlich deine Zwischenfrage!)

Der Bürgermeister klagt darüber, dass er ständig Anfragen von örtlichen Gewerbebetrieben bekommt, er aber kein Angebot mehr hat; und Sie verkaufen schon wieder an ein Logistikunternehmen. Das führt doch zur Abwanderung von Betrieben, Gewerbesteuer und Arbeitsplätzen; denn die Logistiker bringen kaum Steuereinnahmen und nur wenige Arbeitsplätze. Da wehren sich die Bürgermeister wirklich mit Fug und Recht dagegen. Das sollte man eigentlich unterstützen. Denen fehlt aber die Unterstützung des Regierungspräsidiums und auch der Landesregierung. Was wir ganz seltsam finden: Die GRÜNEN im Kreis Groß-Gerau sind die Ersten, wenn es darum geht, Logistikflächen zu beschränken,

(Dr. Matthias Büger (Freie Demokraten): Irgendwann muss die Zeit doch herum sein?)

aber im Landtag halten Sie nur Sonntagsreden von Nachhaltigkeit, grünen Bändern, Klimaschutz und Blühstreifen. Aber alles, was dem Klimaschutz vor Ort dienen würde, wird von Ihnen nicht unterstützt. – Ich bedanke mich.

(Beifall DIE LINKE)