Tag 4 der Sommertour im Odenwald

Am vierten Tag der der Sommertour ging es in den Odenwald nach Erbach. Schon lange wollte ich die Arbeitsloseninitiative Kompass besuchen. 13 Personen warteten schon auf uns in der St. Sophie-Kirche. Sie treffen sich regelmäßig - nur durch Corona eingeschränkt - zwei Mal im Monat und das seit 15 Jahren. Unterstützt wird die Gruppe von der katholischen Betriebsseelsorge, in Person von Michael Ohlemüller. Sein Vorgänger Bruno Schumacher sorgt zusammen mit anderen für den Zusammenhalt. Wir stellen uns vor, viel interessanter ist es aber die unterschiedlichen Schicksale der Gruppenmitglieder zu erfahren. Manche sind schon seit Beginn dabei, als Rowenta ankündigte 250 Menschen zu entlassen und tatsächlich 200 entlassen hat. Jetzt ist es soweit, dass das Werk ganz geschlossen werden soll.

Viele haben lange und kontinuierlich in ihrem Beruf gearbeitet, bis sie mit Mitte 50 entlassen wurden, auch weil der Betrieb in Konkurs gegangen ist, aber auch, weil das Unternehmen lieber jüngere Kräfte haben wollte. Einige der Frauen haben die Erfahrung gemacht, dass sie nach der Familienphase keinen richtigen Einstieg in eine ordentlich bezahlte und angemeldete Erwerbstätigkeit bekommen haben. Sie arbeiteten nicht vom Arbeitgeber angemeldet und bekommen jetzt kaum Rente.

Wenn Corona wieder einigermaßen vorbei ist, gibt es auch einen Kaffeetreff am Mittwoch, wo man ohne Geld ausgeben zu müssen, zusammenkommen kann, aber auch für wenig Geld Kaffee und selbst gebackenen Kuchen bekommt. Das sind wichtige Anlaufstellen für Menschen, die wenig Geld haben, obwohl sie über viele lange Jahre gearbeitet haben.

Marlene Wenzl, Direktkandidatin zur Bundestagswahl im Odenwald, hat die Vorstellungen zur Abschaffung von HartzIV vorgestellt. Wir wollen für alle eine Mindestsicherung von 1200 Euro, 13 Euro Mindestlohn, Sanktionsfreiheit und eine Kindergrundsicherung. Wir wurden nach dem Umgang mit denjenigen gefragt, die die Grundsicherung ausnutzen und nicht arbeiten wollen oder nicht angemeldet arbeiten. Das sind allerdings nur sehr wenige, selbst die Jobcenter sprechen von unter 1%. Viel problematischer sind die vielen Arbeitgeber*innen, die Mitarbeiter*innen ohne Anmeldung oder nur im Minijob beschäftigen. Viel schlimmer sind die Reichen, die auf Kosten der Mehrheit der Bevölkerung leben, kaum Steuern zahlen, die steuerfinanzierte Infrastruktur nutzen und viel zu wenig Beitrag zum Gemeinwesen leisten. Vielen Dank für die vielen Einblicke und das hervorragende Gespräch.

Anschließend hatten wir ein Gespräch mit Dr. Bittenbring, dem Psychiater im Odenwald und darüber hinaus. Bereits am Vortag hörten wir, wie wichtig es ist, dass er nicht aufhört zu praktizieren, da er auch Substitutionsarzt ist und davon gibt es keinen anderen im Odenwald und auch darüber hinaus viel zu wenige. Wir haben Viele getroffen, denen er selbst oder Bekannten und Verwandten bereits geholfen hat und das mit ungeheurem Einsatz. Das wird allerdings nicht von allen Institutionen so gesehen. Auch er muss oft heftige finanzielle Einschränkungen erleben.

Wichtig ist eine gute ambulante Infrastruktur für Menschen in psychischen Notlagen. Das kann kein Arzt allein leisten, dafür sind Land und Kommunen gemeinsam mit den Krankenkassen verantwortlich. Erfreulich schätzt er das Engagement und die Bemühungen des sozialpsychiatrischen Dienstes des Gesundheitsamtes ein und hofft auf Dauer entlastet zu werden. Denn irgendwann muss er auch mal in Rente gehen.

Die dritte Station des vierten Tages führte uns dann ins Bioenergiedorf Rai-Breitenbach. Günter Verst erzählte uns über die Anfänge vor 12 Jahren, als der Plan war, vom Öl zu regenerativen Energien zu kommen. Inzwischen werden 130 Häuser (von 220) mit Wärme aus dem Holzhackschnitzelheizkraftwerk versorgt. Rentiert hat sich das Ganze, weil die beiden Schulen, die gegenüber dem Kraftwerk liegen, versorgt werden. Die 8 km Leitung machen eine Versorgung in gering besiedelten Regionen sehr teuer.

Zu Beginn wollten sie auch Strom mit einem Holzvergaser erzeugen, dieser ist allerdings abgebrannt.

Außer Holzhackschnitzeln werden auch Astabfälle von der Grünschnittdeponie verbrannt.

Der Wärmepreis liegt bei 13 Cent pro kWh, das entspricht den Kosten einer Heizung, wenn man die Investitionen einberechnet. Wir konnten das Heizwerk besichtigen, das ohne ständiges Personal auskommt. Interessant ist auch das Haus nebenan, wo man sich treffen kann und eine Ausstellung die Entwicklung zeigt. Dieses ist ein Strohballenhaus.

Die letzte Station führte uns abschließend auf die Burg Breuberg, wo wir in der Jugendherberge übernachteten. Wir erlebten eine hervorragende Burgführung von Stephan Krieger, deren Umfang ich hier unmöglich weitergeben kann. Die Burg ist sehr beeindruckend. Ich kann nur allen empfehlen hierher zu kommen und eine Führung zu buchen. Hier kann man die Führung buchen: burgfuehrung@breuberg.de.

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