Reden im Landtag

"Ich würde es manchen Abgeordneten wünschen, in eine solche Kita gegangen zu sein, in der sie auch gelernt hätten, wie man mit Menschen anderer Herkunft umgeht"

Christiane Böhm
Christiane BöhmBildungSoziales

Zweites Gesetz zur Änderung des Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuches (HKJGB) (Erste Lesung zum Gesetzentwurf

der SPD-Fraktion und der Fraktion der Freien Demokraten, Ds. 20/127)

 

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ja klar, wir wollen auch eine Landesvertretung der Eltern zu frühkindlicher Bildung. Das war schon in der letzten Legislaturperiode in der Diskussion. Darüber scheint auch kein Dissens zu bestehen; die Frage ist eher, wie diese Vertretung aussehen soll. Eltern müssen mitreden können, wenn es um die Ausgestaltung der Kinderbetreuung geht, und sie müssen auch gegenüber der Landesregierung deutlich machen, dass sie eine Kita-Betreuung mit einer hohen Qualität erwarten und dass die Kitas sowie die Kommunen so ausgestattet werdenmüssen, dass die Kita-Betreuung gut und möglichst kostenlos ist.

(Beifall DIE LINKE)

Sie müssen auch ihre Interessen bezüglich der hessischen Umsetzung des Nicht-ganz-so-gute-Kita-Gesetzes deutlich machen können. Hier sind natürlich auch Erzieherinnen und Träger gefragt und müssen nicht nur angehört werden. Ich denke, das ist eine klare Position. Ich habe einige Dinge gehört, die mich doch ein bisschen aus der Fassung gebracht haben. Ganz wichtig ist, dass Kinder von Kindern lernen. Diese hier geäußerten Theorien von der frühkindlichen Bindung sind sehr abstrus: Bindung kann man auch zu Erzieherinnen und Erziehern, zu Lehrkräften bzw. zu dritten Personen entwickeln. Es ist auch unser Interesse, eine gute Qualität in den Kindertagesstätten zu haben, sodass auch gerade über Bindung und Beziehung eine gute pädagogische Arbeit geleistet werden kann. Die Vorstellung, dass Bindung nur zu Eltern passiert– ich weiß nicht, aus welcher Mottenkiste der Pädagogik das herausgeholt worden ist.

(Beifall DIE LINKE)

Ich bin froh, dass Kinder von Kindern lernen, weil Kinder von Kindern lernen, dass Kinder vielfältig und interessiert und neugierig auf die Welt sind. Ich finde auch gut, wenn Kinder von Kindern ein paar Worte Türkisch oder Arabisch lernen, neben dem Deutsch, das sie natürlich in der Kita lernen. Ich denke, das erweitert eher den Horizont. Ich würde es manchen Abgeordneten wünschen, in eine solche Kita gegangen zu sein, in der sie auch gelernt hätten, wie man mit Menschen anderer Herkunft umgeht, wie man miteinander umgeht und wie man eine soziale Gesellschaft aufbaut.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich denke, diese Lernprozesse sind in den Kitas wichtig. Da können Kinder eine Menge lernen. Ich bin froh, wenn wir Kitas mit ganz unterschiedlichen Kindern und ganz unterschiedlichen Eltern haben, die durchaus alle in der Lage sind, sich an der Mitwirkung der Eltern in Kitas zu beteiligen. Wir haben jetzt diesen Gesetzentwurf, der uns vorliegt. Es wurde ja schon gesagt, er sei nur in Kleinigkeiten anders als der Änderungsantrag, den wir in der letzten Wahlperiode vorliegen hatten. Es gibt noch eine Begründung; aber es gibt jetzt nichts wirklich Neues. Ich kann gut nachvollziehen, dass – wie Herr Rock gesagt hat – jetzt ein Druck ausgeübt werden soll, dass diese Elternvertretung endlich eingeführt werden soll. Allerdings sollten wir schon darauf schauen, dass diese Elternvertretung sinnvoll und konstruktiv von der Basis her aufgebaut werden kann. In der Anhörung wurde damals ein schrittweises Vorgehen vorgeschlagen, um beim Aufbau flächendeckender Strukturen in Hessen eine gute Beteiligung hinzubekommen.

Die LAG Kita-Eltern Hessen, die vorhin schon genannt wurde, hat damals vorgeschlagen, dass eine mögliche Maßnahme etwa die Einrichtung einer Arbeitsgruppe aus Elternvertretern, Experten, kommunalen und Trägerverbänden sowie Jugendamt und Ministerium wäre. Ich fragedie Landesregierung: Ist diese Arbeitsgruppe bereits eingerichtet worden? Ist in dieser Frage etwas passiert? Sind in diesem Bereich weitere Schritte gegangen worden, oder soll dieses Thema auf eine lange Bank geschoben werden? – Ich bin gespannt auf die Antworten. Da teile ich auch die Bedenken von SPD und Freien Demokraten, die ja den Gesetzentwurf eingereicht haben, um das zu forcieren. Ich habe dafür ein gewisses Verständnis.

Es gibt allerdings auch einige Punkte, die ich inhaltlich an dem bisherigen Gesetzentwurf zu kritisieren habe. Ich denke, das kann man auch noch klassifizieren. Es fehlen zurzeit noch die Eltern, deren Kinder bei Tageseltern sind. Es wurden die Bedenken wegen der Zeiträume nicht ausgeräumt; sie werden auch weiterhin als problematisch angesehen. Das Hauptproblem, das ich mit diesem Gesetzentwurf habe, ist: Auf der kommunalen Ebene wird sehr schön ausgeführt, dass die Elternvertretungen vor Entscheidungen zu wesentlichen Angelegenheiten der Bildung, Erziehung und Betreuung, der Bedarfsplanung sowie zu wesentlichen Fragen, die die Kitas betreffen, angehört werden müssen. Aber auf der Landesebene ist diese Formulierung völlig lapidar. Da steht nur: Die Landeselternvertretung vertritt die Interessen der Eltern gegenüber dem Land in allen wesentlichen die Kindertageseinrichtungen betreffenden Fragen.

Hier hat mir auch die Begründung noch nicht weitergeholfen. Ich denke, hier ist es dringend erforderlich, dass es zueiner echten Elternmitwirkung kommt und nicht nur zu einer lapidaren Anhörung oder Meinungsäußerung der Eltern. Hier ist wirklich echte Mitwirkung erforderlich. Man kann sicher auch einiges aus dem Schulgesetz herausholen und schauen, inwiefern uns das nützt, was die Kostenunterstützung von Eltern anbelangt. Gerade die Beteiligung an einer Landeselternvertretung ist natürlich für Kita-Eltern insgesamt eine kostenintensive Sache. Aber auch zu Fragen wie: „Was ist eine zustimmungspflichtige Maßnahme? Was wären anhörungsbedürftige Maßnahmen?“, erwarte ich, dass dieser Gesetzentwurf weiter qualifiziert wird und dass er wirklich auf den Weg gebracht wird.

Ich denke, unser aller Anliegen sollte es sein, dass es einefunktionierende und gut arbeitende Landeselternvertretung für die frühkindliche Bildung gibt. Deswegen ist auch meine Forderung an die Landesregierung, dass dies schnell in einen vernünftigen und sinnvollen Prozess eingebaut wird.

Danke.

(Beifall DIE LINKE)